Bei wissenschaftlichen und technischen Einrichtungen können sich gute Investitionsentscheidungen langfristig positiv auf alle Bereiche der Organisation auswirken. Zuerst aber muss man laut Patric Vale die richtigen Fragen stellen.
Für die Führungskräfte von forschungsorientierten Unternehmen bieten Investitionen in Immobilien wahrscheinlich die größte und spannendste Möglichkeit, ihr Geschäft zu revolutionieren. Durch diese Investitionen können sie ihre strategischen Visionen und Ideen verwirklichen und eine Umgebung schaffen, die die strategische Ausrichtung ihres Unternehmens auf Jahre beeinflussen wird.
Mit den richtigen Entscheidungen kann man die weltweit führenden Koryphäen anziehen und halten. Man kann ihnen eine Plattform für die kollaborative Zusammenarbeit und die Möglichkeit bieten, gemeinsam, effektiv und effizient an der Entwicklung neuer Ideen und Innovationen arbeiten zu können. Werden jedoch die falschen Entscheidungen getroffen, dann werden unzureichende oder nur mittelmäßige Einrichtungen bereitgestellt, die teuer zu betreiben sind und den Wissenschaftlern physische Grenzen setzen. Die finanziellen Folgen solcher Einrichtungen können so schwerwiegend sein, dass sie sogar den Fortbestand des Unternehmens gefährden.
Im Mittelpunkt jeder Investitionsentscheidung stehen die Bewertung und das Verständnis der voraussichtlichen Investitions- und Betriebskosten einer Einrichtung. Alle Investoren müssen zu Beginn eines Projekts die Faktoren Zeit, Kosten und Qualität gegeneinander abwägen – oder wie die meisten Projektmanager sagen würden: „Sich für zwei dieser Faktoren entscheiden“.
Im Wissenschafts- und Technikbetrieb stehen die Kosten bei den Prioritäten fast immer an erster oder zweiter Stelle; der Bau von Laboren und ähnlichen Einrichtungen ist teuer. In vielen Fällen aber übersteigen, über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren gesehen, die Betriebskosten dieser Einrichtungen die Baukosten um ein Vielfaches. Es ist daher von größter Wichtigkeit, dass Projektinvestoren und ihre Bereitstellungsteams die nachfolgenden Fragen beantworten, um Lösungen zu entwickeln, mit denen sich der Wert von Investitionen langfristig maximieren lässt.
Ist ein Neubau wirklich erforderlich?
Diese Frage scheint auf der Hand zu liegen, geht jedoch häufig unter in der Hektik der vielen Dinge, die es zu erledigen gilt – Entwürfe müssen erstellt, Projektteams aufgestellt und die Erwartungen der Mitarbeiter geweckt werden. Eine sorgfältige Bewertung des vorhandenen Raumangebots sowie der bestehenden Kapazitäten und ihrer Nutzung ist jedoch von wesentlicher Bedeutung. Anschließend sollte das Ergebnis auf die strategischen Anforderungen der Forschungsprogramme abgebildet werden, für die der Raum benötigt wird. So schafft man eine nachhaltige Grundlage für ein erfolgreiches Projekt und eine erfolgreiche Organisation. Die Möglichkeit, die bestehenden Anlagen zu nutzen und das meiste daraus zu machen, wird viel zu häufig übersehen.
Im Rahmen dieser strategischen Bewertung erweist es sich auch als sinnvoll, umfassendere Fragen und Optionen zu erkunden. Ist der Standort des Unternehmens für Mitarbeiter, Kunden und die kollaborative Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen ideal oder sollte ein anderer Standort in Erwägung gezogen werden? Auch Alternativen ohne Investitionskosten sollten berücksichtigt werden. Zu nennen sind hier z. B. die auf dem Markt verfügbaren Mietangebote, die Belegung überschüssiger Räume bei Geschäftspartnern oder die Möglichkeit, den größten Teil der Forschung über das Internet oder cloudbasiert durchzuführen. Erst wenn die strategische Bewertung zeigt, dass alle anderen Optionen erschöpft sind, sollte die anfängliche Entscheidung, Kapital zu investieren, tatsächlich getroffen werden.
Wie gestaltet sich die künftige Nutzung des Raums?
Ist die Entscheidung zum Bau bzw. zur Sanierung einmal gefallen, muss man logischerweise im nächsten Schritt dafür sorgen, dass durch die entsprechende Maßnahme ein optimales Raumangebot geschaffen wird. Der Wissenschaftssektor beschäftigt sich bereitwillig häufig fast schon obsessiv mit dem Benchmarking zum Thema Belegung. Will man aber den Wert einer Investition maximieren, so ist es unerlässlich, die bestehenden Normen und Parameter in Frage zu stellen.
Die mit Abstand größte Möglichkeit, den Wert zu maximieren, bietet sich in der Briefing-Phase für die Gebäudenutzer. In dieser Phase kann das Planungsteam eng mit den Forschungsteams zusammenarbeiten, um sich einen Überblick zu verschaffen über die Anforderungen und die Art und Weise der Zusammenarbeit. Eine wirtschaftliche Raumplanung sollte sich nicht nur darauf konzentrieren, Raum zu sparen. Sie sollte die Anforderungen und die Arbeitsmuster in ihrer Gesamtheit betrachten und dann ein Gebäude bereitstellen, das die Zusammenarbeit fördert und für maximale Nutzung sorgt.
Dies umfasst auch die Möglichkeit, die Unternehmenskultur auf die Probe zu stellen. Bietet man Forschern Räume außerhalb der Laborbereiche zur Berichterstellung und Erledigung von Verwaltungsaufgaben, so senkt man die Risiken im Bereich Arbeitsschutz und konzentriert die technischen Räume stärker auf die Forschung, für die sie ursprünglich gedacht waren.
Zu den größten Herausforderungen für Laborbetreiber in den letzten zehn Jahren zählt die Notwendigkeit, Räume für die weiterführende Spezialforschung bereitzustellen – spezielle Räume oder Etagen zur Unterbringung von (in der Regel teuren) Spezialgeräten oder -einrichtungen. Die verfügbaren Daten zeigen, dass diese Räume in vielen Fällen weniger als 10 Prozent der Zeit genutzt werden. Die Bereitstellung dieser Räume für die im Gebäude durchgeführten wissenschaftlichen Aktivitäten ist von fundamentaler Wichtigkeit. Allerdings sollte ihre Nutzung maximiert werden. Dazu sollten diese Räume als zentrale Anlagen betrachtet werden, die von der gesamten Organisation – oder sogar auch von anderen Organisationen? – genutzt werden.
Räume für die kollaborative Zusammenarbeit sind seit zehn Jahren ein Dauerthema bei der Laborplanung. Dazu kamen in der letzten Zeit noch die Forderungen nach Bereichen für die Kommerzialisierung. Insbesondere im öffentlichen und tertiären Sektor wird zunehmend akzeptiert, dass Grundlagenforschung zur Förderung von Wissen und Verstehen zwar wichtig ist, dass diese aber durchaus auch zum wirtschaftlichen Nutzen gereichen darf. Gründerzentren mit flexiblen Raumangeboten und flexibel erweiterbare Räume stehen inzwischen bei den Business Cases weiter oben auf der Tagesordnung und bieten nicht nur Unternehmern die Gelegenheit sich weiter zu entwickeln, sondern ermöglichen auch den Erfolg von wichtigen Partnerschaften mit externen strategischen Partnern.
Wie werden Sie den Raum anpassen?
Eines ist bei allen wissenschaftlichen Einrichtungen gewiss. Der Forschungsbedarf ist einem ständigen Wandel unterworfen. Wissenschaftliche Programme und Förderzyklen haben eine Laufzeit von ungefähr drei Jahren. Häufig wird für die Entwicklung der Forschung weniger Zeit benötigt als für die Planung, Beschaffung und den Bau der Gebäude. Wünschenswert ist, dass der Raum künftig ein bestimmtes Maß an Flexibilität bietet. Und tatsächlich erscheint dieser Punkt auf der Liste der Projekt-Prioritäten in der Briefing-Phase immer wieder an oberster Stelle. Hier muss jedoch angemerkt werden, dass manchmal gar nicht so viel Flexibilität erforderlich ist. Eine vor kurzem von AECOM in einer F & D-Einrichtung durchgeführte Studie ergab, dass nur 25 % der äußerst flexibel rekonfigurierbaren Labore überhaupt verändert wurden. Darüber hinaus waren die meisten Änderungen gering und das Ausmaß der bereitgestellten Flexibilität eigentlich gar nicht erforderlich.
Flexibilität umfasst jedoch eine Reihe von Möglichkeiten und eine große Bandbreite an Preisen. Am unteren Ende der Preisskala stehen mobile Prüfstände, Sicherheits- und Abzugsschränke. Diese bieten den Forschungsteams eine gewisse Flexibilität innerhalb des verfügbaren Raums und die Möglichkeit, auf neue Werkstücke oder verbesserte Geräte zu reagieren. Im mittleren Preissegment sorgen mobile Raumteiler, Module für sekundäre Forschungsräume in der Größe von Aufenthaltsräumen, Optimierung von Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen oder Verbesserungen bezüglich der Laborgase für mehr Flexibilität und die Möglichkeit, die Teamgröße oder -zusammenstellung mit einem nur moderaten Kostenaufschlag zu ändern.
Das obere Ende der Preisskala bilden vollständig flexible Großraumlabore mit mobilen Trennungen, verbesserter Gebäudeinfrastruktur und Zugangspunkten, die es den Teams ermöglichen, schnell zu reagieren und die Räume kurzfristig zu rekonfigurieren. Diverse privatwirtschaftliche Unternehmen haben diese Art von flexiblen Laboreinrichtungen erfolgreich entwickelt, wobei die niedrigeren Betriebskosten durch die höheren Investitionskosten ausgeglichen werden.
Die entscheidende Frage zum Thema Flexibilität lautet aber letztendlich: „Wie häufig werden Sie Ihr Labor flexibel umgestalten?“ Unternehmen sollten daher, bevor sie auf ein hohes Maß an integrierter Flexibilität und die damit einhergehenden höheren Investitionskosten setzen, ihre aktuellen Einrichtungen prüfen und analysieren, welche Änderungen sie wie oft vorgenommen haben und ob sie in der Vergangenheit tatsächlich durch mangelnde Flexibilität eingeschränkt wurden.
Wie wichtig sind die laufenden Kosten?
Da selbst die einfachsten Labore technisch sehr komplex sind, und die Gebäude, um auch Experimente von längerer Dauer durchzuführen, häufig rund um die Uhr betrieben werden, lautet die Antwort auf diese Frage mit großer Wahrscheinlichkeit „sehr wichtig“. Davon abgesehen zählen die Betriebskosten bei jeder Einrichtung im Laufe des Lebenszyklus zu den signifikanten Kostentreibern. Dies gilt insbesondere angesichts der steigenden Energiekosten, den Kosten für die intensive routinemäßige Instandhaltung, den teuren Ersatzteilen und dem Bestreben, den ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten.
Zur Optimierung der Betriebskosten eines Labors über die gesamte Lebensdauer müssen die Betreiber des Gebäudes, die Wissenschaftler und die Ingenieure für Gebäudetechnik zusammenarbeiten und die aktuellen Betriebsmethoden in Frage stellen. Ein normaler Abzugsschrank verbraucht dreimal so viel Energie pro Tag wie ein normaler Haushalt. Die Zahl der Abzugsschränke und die Anforderungen an ihren Betrieb werden daher bereits in der Planungsphase zunehmend auf den Prüfstand gestellt. Die zentrale Nutzung bestimmter Geräte, wie z. B. Tiefkühlschränken für Temperaturen von bis zu minus 80 Grad und Abzugsschränken, ermöglicht selbst auf lokaler Ebene Rationalisierung und eine Verringerung des Energieverbrauchs. Bei Laboren müssen die wichtigsten gebäudetechnischen Anlagen fast immer eine gewisse Belastbarkeit aufweisen. Schließlich will kein Wissenschaftler, dass während eines monatelangen Experiments der Strom oder die raumlufttechnischen Anlagen ausfallen. Auch hier sollte man wieder die Ausgewogenheit der Faktoren im Blick haben und für ein entsprechendes Maß an Belastbarkeit in den Schlüsselbereichen sorgen.
Durch die richtige Spezifikation für das Labor können sich zwar die anfänglichen Investitionskosten erhöhen, die Kosten über den gesamten Lebenszyklus hinweg jedoch werden dank längerer Ersatz- und Instandhaltungszyklen sinken. So sollte als Fußboden beispielsweise der Belag gewählt werden, der für die in dem Labor verwendeten Chemikalien am besten geeignet ist. Installiert man auf Verkehrswegen, auf denen häufig Transportwagen zum Einsatz kommen, automatische Türen, so kann man die Gefahr von Schlagschäden reduzieren.
Zu guter Letzt ist es von größter Wichtigkeit, dass das Personal des Gebäudebetreibers umfänglich für das Management dieser komplexen Räume geschult wurde. Nur so lässt sich sicherstellen, dass die Kosten für den tatsächlichen Betrieb den in der Planungsphase festgelegten Kosten entsprechen. Der britische Soft Landings-Prozess bietet hier großartige Unterstützung und fordert die frühzeitige Beteiligung des Betreibers bereits in der Planungsphase sowie die Kontinuität nach der Fertigstellung seitens des für die Bereitstellung und Inbetriebnahme verantwortlichen Teams.