Select a page

Johannes Lell, Head of Operations

DACH, Buildings+Places

AECOMs Head of Operations der DACH-Region Johannes Lell erzählt Cornerstone, wie sich der Immobilienmarkt in Europa verändert, welche Herausforderungen auf Immobilienanleger zukommen und von seiner Leidenschaft – dem Angeln.

Wie sind Sie zu Ihrer aktuellen Position gekommen?
Nach meinem Masterstudium im Fachbereich Immobilienmanagement und -finanzierung an der Universität Regensburg und meiner Tätigkeit als Masterand im Bereich Einzelhandelsentwicklung bei Audi in Ingolstadt, wechselte ich 2014 zu AECOM in München. Dort arbeitete ich anfangs als Projektmanager. Mein Spezialgebiet war das Projektcontrolling für diverse Kunden, wie Magna, Audi und Siemens.

2015 wurde mir die Leitung eines Controlling-Projekts für die Fertigung von SUVS der Marken Porsche, Audi, Volkswagen, Lamborghini und Bentley in Bratislava angeboten. Ich entschloss mich, für längere Zeit in die Slowakei zu gehen, wo ich das Projekt dann nach mehr als einem Jahr zum Abschluss brachte. Ziel des Projekts war die Einführung eines neuen Tools bzw. Prozesses für das Controlling des Change Management im Karosseriebau für SUV. Nachdem ich nach Deutschland zurückgekehrt war, wurde ich zum Head of Operations der DACH-Region für die Division Buildings + Places von AECOM befördert.

 

Welche Veränderungen beobachten Sie auf dem Immobilienmarkt in Europa?

Generell ergibt sich ein erfolgreiches Immobilieninvestment aus der richtigen Kombination von makroökonomischen sowie mikroökonomischen Faktoren wobei die Lage in beiden Faktoren eine übergeordnete Rolle einnimmt.

Makroökonomisch ist Europa derzeit geprägt von zahlreichen Herausforderungen. Denkt man an den Impact von übergeordneten politischen Entscheidungen wie die Europäische Zinspolitik, BREXIT, außenpolitische Entscheidungen, Infrastrukturmaßnahmen, Zuwanderung oder die Verhandlungen mit den potentiellen neuen EU Staaten des westlichen Balkan wird es makroökonomisch zu Verschiebungen kommen, aus welchen Gewinner sowie Verlierer hervorgehen werden.

Mit einer Aufnahme genannter Länder in die EU werden hohe Investitionen in Wirtschaft und Infrastruktur folgen. Die Chance auf hohe Renditen wird eine Vielzahl von weltweiten Investoren aus den verschiedensten Immobilienbranchen an die östlichen Grenzstaaten locken. Diesen Trend konnte ich selbst während meiner Zeit in der Slowakei für die zentraleuropäischen Länder beobachten. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass in Mittel- und Osteuropa langfristig ein European-Hub für das Produktions- sowie Logistikgewerbe entsteht. Hinsichtlich des BREXIT ist ein signifikanter Anstieg an den alternativen Finanzstandorten wie z. B Frankfurt am Main zu sehen, hier entstanden kurzfristig mit nur einer politischen Entscheidung große Rendite- Potentiale für Anleger. Dies bekräftigt aus meiner Sicht die signifikante Abhängigkeit der neuen Wachstumsmärkte insbesondere von den makroökonomischen Faktoren und Entscheidungen.

Grundsätzlich sehe ich Westeuropa als sicheren Hafen mit nachhaltigem, gemäßigtem Wachstum wobei aus mikroökonomischer Sicht die Investitionen der Zukunft übergeordnet in europäischen Großstädten sowie deren Ballungsgebieten stattfinden. Grund hierfür sind eindeutig sowohl der demographische Wandel als auch die Verstädterung in den einzelnen Ländern.

 

Was sind die größten Herausforderungen für Immobilienanleger?

Die zunehmende Globalisierung in Verbindung mit steigenden Bevölkerungszahlen und politischen sowie gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen sehe ich langfristig auf makroökonischer Ebene als größte Herausforderung. Die voranschreitende klimatische Veränderung wird ebenfalls problematisch werden . Weitere wichtige Hard Facts sind Infrastruktur, Mobilität, Konnektivität/Logistik sowie Sicherheit. Soft facts wie z. B. der Wandel hin zur Robotik, Digitalisierung, Veränderung zu modernen Arbeitswelten und Produktionstechniken sowie mediale Affinität sind kurzfristig zu beobachten und sind ebenso nicht zu vernachlässigen. Real Estate Investoren müssen sich diesen hard- und soft facts bewusst sein und sich im besten Fall die nötige Flexibilität innerhalb des Investments schaffen. Es werden auch zukünftig für jeden Anlegertyp entsprechende Immobilien auf dem Markt vorhanden sein.

Fakt ist, mit Fortschreiten der Entwicklung sowie Ausbau der genannten hard- und soft facts werden lokale sowie europäische Immobilienmärkte mehr und mehr in Konkurrenz mit weltweiten Märkten stehen.

 

Welches Projekt in Ihrer Laufbahn hat Ihre Wahrnehmung des Markts verändert?
Meine Tätigkeit bei Audi in den globalen Audi City Projekten in Verbindung mit meinen Erfahrungen in der Slowakei änderten insbesondere mein eingeschränktes Sichtfeld auf lokale Märkte. Große Gewinne verdient man nicht in bereits laufenden, vollkommenen Märkten. Ein erfolgreicher Investor muss im Immobilienmarkt der Zukunft mutig investieren, im Gesamten aber eine hohe Diversifikation anstreben. Einerseits muss er sich eine Basis halten, andererseits muss er am Markt etwas riskieren. Zudem muss dem Anleger bereits im Vorhinein seine eigene Motivation und Strategie bewusst sein. Trader (short term) vs. Investor (long term), Risk (Profit) vs. Stability (Basis), Developer vs. Speculator.

 

Aus welchem Teil des Markts erwarten Sie die nächste Störung?
Eine Krise entsteht nicht aus dem Markt heraus. Dazu braucht es einen externen Auslöser. Langfristig werden wir auf dem Immobilienmarkt insgesamt, aufgrund einer Kombination aus finanzpolitischen Fehlern und Einmischung seitens der Politik, einen temporären Rückgang der Investitionen und der Preise erleben. Dies wird erneut, wie bereits in der Immobilienkrise 2008 in den USA, zu wirtschaftlicher Stagnation führen. Ein zyklisches Auf und Ab gibt es in jeder Branche sowie in jeder Generation.

 

Was ist die wertvollste Erkenntnis, die Sie in Ihrer Laufbahn gewonnen haben?
Dass man offen sein muss. Aufgeschlossen gegenüber neuen Situationen, Arbeit in anderen Ländern, Herausforderungen, Ideen und Visionen. Außerdem sollte man empathisch sein und erfolgreich im Team arbeiten.

 

Verraten Sie uns etwas über sich selbst.
Ich gehe gern Fliegenfischen. In meinem Urlaub war ich dieses Jahr Lachsfischen in Kanada, dem wie ich finde besten Ort für Fliegenfischer. Fliegenfischen ist mir die liebste Art des Angelns, weil man aktiv nach dem Fisch suchen muss und viel Zeit in der freien Natur verbringt.

Außerdem habe ich 25 Jahre lang als Amateurfußballer im zentralen Mittelfeld für meinen Heimatverein Kallmünz gespielt. Der Mannschaftssport fehlt mir – der Kampf um den Sieg, die Atmosphäre mit den Fans und das Gefühl, wenn man ein wichtiges Finale oder Derby spielt.

null